Ein guter Jahrgang – das lässt sich mit knappen Worten konstatieren. Doch neben Hard-und Software gab es auch spannende Trends und brisante Diskurse, die nachfolgend beleuchtet werden.
Hardware
Nachdem Sony bereits im November 2016 mit der „PlayStation 4 Pro“ eine verbesserte Variante seiner beliebten Heimkonsole veröffentlichte, zog nun auch Microsoft mit der „Xbox One X“ nach und stellt damit die aktuell leistungsstärkste Spielkonsole, aber auch die teuerste. Grafikenthusiasten können hiermit ihre Lieblingsgames in 4K-Auflösung genießen, entsprechendes TV-Gerät und Unterstützung des Spiels vorausgesetzt. Der populärste Hardware-Zugewinn in Sachen Gaming-Technik war hingegen Nintendos Hybrid-Konsole „Switch“ im März mit weltweit über 10 Millionen verkauften Exemplaren (Quelle: Games Wirtschaft, Nintendo Switch Verkaufszahlen übersteigen 10 Millionen, 12. Dezember 2017).
Und das ganz ohne gängige Trends wie VR und 4K, dafür mit Mobilitätsgarantie. Denn sie kann sowohl stationär vor dem heimischen Fernseher als auch unterwegs als Handheld genutzt werden. Und auch Nintendos Retro-Konsole „SNES Classic“ Mini mit vorinstallierten Klassikern war bereits in kürzester Zeit vergriffen.
Software
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Dennoch lässt sich konstatieren, dass es im vergangenen Jahr eine auffällig hohe Anzahl an digitalen Spielen gab, die auch im Feuilleton besprochen wurden. Ein Titel, der in diesem Jahr die Bestenlisten dominierte, war „The Legend of Zelda – Breath of the Wild“. Das Action-Adventure modernisierte dabei die altbekannte Formel um den Helden Link und entließ ihn in eine offene Welt mit zahlreichen Erkundungsreizen und spannenden Abenteuern.
Großer Beliebtheit erfreute sich auch das recht junge Sub-Genre „Battle Royale“. Bei dem an „Hunger Games“ erinnernden Spielprinzip bewegen sich Spielende in einer offenen Welt, deren sicherer Bereich sich in vordefinierten Zeitintervallen verkleinert. Ziel ist es, die Umgebung nach allerlei hilfebringendem Equipment abzugrasen und sich gegen alle anderen Mitspielenden durchzusetzen. Vor allem „Playerunknown’s Battlegrounds“, dominierte zeitweise die Charts der Vertriebsplattform „Steam“. Hier wurden geschätzt über 6.000 Games veröffentlicht (Quelle: GameStar, Steam – 2017 veröffentlichte Spiele auf über 6.000 geschätzt, 19. Oktober 2017), was ebenfalls eine neue Bestmarke darstellen würde.
BIU Sales Awards Dezember 2017: Die erfolgreichsten Computer- und Videospiele in Deutschland
Vertrieb
Der deutsche Markt für digitale Spiele ist im ersten Halbjahr 2017 um stolze 11% gewachsen (Quelle: BIU, Deutscher Markt für digitale Spiele im ersten Halbjahr 2017 ) und symbolisiert dabei die Bedeutung dieser Wirtschaftsbranche. Laut einer Studie des „Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware“ (BIU) in Kooperation mit der „Hamburg Media Scool“ (HMS) zählen deutsche Firmen allerdings nicht immer zu den Gewinnern. Hierzulande erhalten weiterhin primär die klassischen Kulturgüter wie Literatur, Film und Theater eine Federung, was die Konkurrenzfähigkeit deutscher Gaming-Unternehmen bremst und zudem eine langfristige Planung erschwert.
Vertriebsmodelle in der Kritik
Die Art und Weise, wie die steigenden Gewinne oftmals erzielt werden, stieß bei den Fans und Verbraucherschützern auf wenig Gegenliebe und löste eine kontroverse, international geführte Debatte aus. Es geht hier um Mikrotransaktionen, im Speziellen um die so genannten „Lootboxen“. Sie sind das digitale Äquivalent zum Sammelkarten-Päckchen, beinhalten zufällig generierte Inhalte, die erspielt, aber auch durch den Einsatz von Echtgeld erkauft werden können. Bei dem Spiel „Star Wars: Battlefront 2“ wurde allerdings deutlich, welche Macht von der Spielergemeinde ausgehen kann. Die Meldung, dass die Freischaltung aller Inhalte 4.500 Stunden dauere oder 2.100 Dollar koste, wurde von allen Fachmagazinen (Giga.de, Star Wars Battlefront 2: Laut Rechnung 4.528 Stunden oder 2.100 Dollar nötig, um alles freizuschalten, 15. November 2017) reproduziert und löste massive Gegenwehr aus. Denn deren Druck war so groß, dass der Publisher Electronic Arts das umstrittene Modell in letzter Sekunde vor dem Verkaufsstart vorerst verwarf. Fans forderten den Disney Konzern sogar dazu auf, EA die Lizenz für weitere „Star Wars“-Spiele zu entziehen. Mehr als 150.000 Unterschriften wurden bislang gesammelt (Stand: Januar 2018). Zudem machen sich in mehreren Ländern verschiedene Parteien für ein Verbot von Lootboxen stark. So hat nun beispielsweise die belgische Glücksspielkommission befunden, dass Lootboxen als Glücksspiel einzustufen sein (Quelle: PC Gamer, Belgium’s Justice Minister calls for loot box ban in Europe, 22. November 2017). Auch die USK gab eine Stellungnahme zu Lootboxen und Jugendschutz ab.
Stellenwert in der Politik
Vor einigen Jahren waren die kritischen Stimmen zum Medium „Games“ aus der Politik noch wesentlich prominenter vertreten, als im aktuellen Wahlkampf. Erstmals eröffnete mit Angela Merkel eine Bundeskanzlerin die Messe „gamescom“ und machte damit digitale Spiele zur Chefsache. Und auch sonst fanden sich in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2017 zahlreicher Parteien Willensbekundungen, die Games-Industrie stärker fördern zu wollen. Wir wissen alle: Ob es sich dabei bloß um wohlgemeinte Absichtserklärungen handelt oder ob dem auch Taten folgen, entscheidet die Regierung nach einer Koalitionsbildung.
Streaming und die Rundfunklizenz
Waren bis vor kurzem noch Let`s Plays (kommentierte Gameplayvideos) in aller Munde, gewann im Jahr 2017 das Thema „Streaming“ immer mehr an Bedeutung. Hierunter wird die Live-Übertragung des digitalen Spielens verstanden. Die Zuschauer können wiederum direkt über den Chat mit dem Streamer in Kontakt treten, wodurch die Barriere der vierten Wand aufgebrochen wird. Eine zentrale Frage ist, ob es sich bei einem Stream um zulassungspflichtigen Rundfunk handelt. Denn Privatwirtschaftliche Betreiber von Rundfunkanstalten benötigen in Deutschland nach § 20 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) eine Zulassung (Lizenz). Diese wird von den Landesmedienanstalten nach einer Prüfung vergeben. Die Medienanstalten bieten eine Checkliste an, die von Anbietern von Internetvideos und -streams zu Rate gezogen werden kann. Neben Prominenten aus der Community wie PietSmiet und Gronkh wurde auch weiteren Streamer/innen nahegelegt, eine solche Lizenz zu beantragen. Nachdem sich Gronkh zunächst gegen eine Rundfunkzulassung gewehrt hatte, hat er im Oktober 2017 den Antrag bei der „Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich“ (KEK) eingereicht. Die Causae um das Thema „Streaming“ machen einmal mehr deutlich, dass dringender Nachholbedarf in der Gesetzgebung besteht. Denn – wie der Name schon sagt, entstammt der Rundfunkstaatsvertrag einer Zeit ohne Internet. Zeitnahe Nachbesserung durch den Gesetzgeber ist hier notwendig.
E-Sport
Seit 2017 hat der E-Sport in Deutschland mit dem Verband „eSport-Bund Deutschland“ (ESBD) eine Interessenvertretung. Der Präsident Hans Jagnow hat folgendes Ziel ausgelobt: „Der Verband soll eine Interessenvertretung für den Amateur- und Spitzensport sein. Eine Repräsentation nach außen, eine Plattform nach innen. Wir haben uns dabei auch die Anerkennung des eSport als gemeinnützig sowie als Sportart zum Ziel gesetzt.“
Die Debatte um die Anerkennung als Sportart brodelt dabei schon länger und erfuhr ebenfalls im Jahr 2017 einen Dämpfer. Denn laut eines Gutachtens des „Deutschen Olympischen Sportbunds“, kurz DOSB, könne E-Sport nicht als Sportart anerkannt werden, was primär an drei Argumenten festgemacht wird: Bewegung, Vereinsstruktur, ethische Werte. Weltweit gehen die Meinungen dahingehend auseinander. So hat das „Asiatische Olympische Komitee“ E-Sport in das Lineup für die Asienspiele im Jahr 2022 (Quelle: Golem.de, E-Sport wird in Asien fast olympisch, 19. April 2017) aufgenommen. Offen bleibt allerdings, welches Game gespielt werden wird.
Das war der kleine Rückblick auf das Gaming-Jahr mit einer Auswahl an Themen. In einem weiteren Artikel wird noch ein Ausblick auf 2018 folgen.
Autor: Daniel Heinz
Titelbild: Nintendo Switch