Auch in diesem Jahr fanden im Rahmen des gamescom congress am 22. August die von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) organisierten Fortbildungsangebote zum Thema „Games und Schule“ statt. Erneut beteiligte sich die Grimme Medienbildung mit einem Workshop für Lehrer*innen, Musiker*innen und weitere Interessierte. Passend zu den Dossiers Musik & Sound sowie Spielen & Lernen ging es um Potentiale und Grenzen von Games in der Musikvermittlung.
Jan Torge Claussen | Bild: Grimme Game
Referent Jan Torge Claussen von der Universität Hildesheim beleuchtete mit Unterstützung von Daniel Heinz vom Spieleratgeber NRW zunächst die Geschichte der Forschungsdisziplin Ludomusicology und stellte Beispiele von Musik in Games vor. Neben der flötenähnlichen Ocarina in The Legend of Zelda: Ocarina of Time (1996) standen auch Musikspiel-Reihen mit Plastikinstrumenten wie Guitar Hero (2005) und Rock Band (2007) im Fokus. Zum Rhythmus des gewählten Songs wandern hier auf einer Art Notenband farbige Symbole über den Bildschirm. Spieler*innen müssen ähnlich eines Reaktionstests die passenden Knöpfe auf der Plastik-Klampfe drücken. Im Hintergrund musiziert dazu eine virtuelle Band.
Dieser Beitrag ist Teil des Dossiers Musik & Sound. Eine Übersicht über alle Beiträge des Dossiers gibt es hier. | Titelbild-Quelle: Benjamin Strobel / Grimme-Institut.
Musik-Events
Hier ein Radiobericht über den Workshop bei WDR 5 – Service Netzkultur.
Daniel Heinz stellte pädagogische Einsatzmöglichkeiten für Musikspiele vor. Der Spielspaß entfaltet sich so richtig, wenn mehrere Spieler*innen gemeinsam vor dem Bildschirm stehen und als Band auftreten, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Mit passenden Kostümen und ansprechender Choreografie auf der Bühne, mit feierndem Publikum sowie einer Jury, die die Performance beurteilt und schließlich die Gewinnerband kürt, kommt Eventfeeling auf. Dieses Konzept wird auf dem Gamescamp wie auch beim SIN-Festival seit Jahren praktiziert.
Im Zentrum des Workshops stand allerdings die Frage, ob Musikinteressierte mit einer richtigen E-Gitarre das komplexe und schwierige Handwerk in spielerischer Form erlernen können – durch das Spiel Rocksmith (2011). Das Instrument wird hier mit dem beiliegenden Kabel an den PC, Mac oder die Konsole angeschlossen, woraufhin es Einzelnoten und Akkorde zeit- und stimmgerecht zu treffen gilt. Wie bei Guitar Hero – nur mit einem richtigen Instrument.
Rocksmith
Der Workshop auf dem gamescom congress 2018 | Bild: Grimme Game
Jan-Torge Claussen hat das Musizieren mit Rocksmith anhand von Studierenden in einem Proseminar an der Universität Hildesheim untersucht. Die Ergebnisse fielen recht unterschiedlich aus, wie dieses Dokumentationsvideo zeigt. Während es die Einen spannender fanden, mit der Gitarre die zahlreichen Mini-Games zu absolvieren und ihnen für das richtige Musizieren die Muße fehlte, fühlten sich Andere herausgefordert und versuchten ihre Skills am Instrument im Laufe des Seminars zu verbessern.
Fingerübungen an der Gitarre
Anschließend konnten die Teilnehmenden an mehreren Stationen selbst Hand an E-Gitarren und Rocksmith legen. Aufgrund des kurzen Zeitfensters und des großen Interesses am Workshop kam Jede*r nur kurz zum Zuge, konnte sich aber zumindest einen praktischen Eindruck über Einsatzmöglichkeiten im pädagogischen Kontext verschaffen. Obwohl der adaptive Schwierigkeitsgrad auch Einsteiger*innen einlud sich auszuprobieren, wurde er von den Teilnehmenden dennoch als recht anspruchsvoll bewertet. Denn sobald sich Erfolge einstellten und sie die Anweisungen zu Bünden und Saiten umsetzen konnten, kamen kompliziertere Griffe hinzu. Die einzelnen Passagen können jedoch beliebig oft wiederholt und dabei perfektioniert werden.
Analyse und Austausch der Erfahrungen
Zum Schluss standen die Potenziale für den (Musik-)Schul- und den Instrumentalunterricht im Zentrum der Diskussion. Laut der Teilnehmenden seien auch die Kosten durchaus eine Herausforderung für den praktischen Einsatz. So werden neben dem eigentlichen Instrument auch eine Spielversion sowie ein Computer oder eine Konsole benötigt. Beim Selbststudium wurde bemängelt, dass ggf. Haltungsfehler nicht vom Spiel erkannt werden. Empfehlenswert seien deshalb Vorerfahrungen aus fachkundiger Anleitung.
Ein Artikel zum Forschungsthema von Jan Torge Claussen findet sich in der Publikation “Spielend lernen! Computerspiele(n) in Schule und Unterricht”
Statt des schulischen Musikunterrichts sei Rocksmith eher im Rahmen einer Projektwoche gemeinsam mit interessierten Schüler*innen oder einer wöchentlich stattfindende AG geeignet. Zudem wurde angemerkt, dass für Heranwachsende nicht mehr der Rockstar mit Gitarre ein Idol sei, sondern vielmehr der DJ oder die DJane an den Turntables. Doch auch daran hat die Games-Branche gedacht – wie das Spiel DJ-Hero (2009) belegt. Insgesamt waren die Teilnehmenden von den Möglichkeiten, auf spielerische Weise einen Zugang zum Lernen eines Instrumentes zu vermitteln, sehr inspiriert.
Autor: Daniel Heinz