„Computerspiele reflektieren die Gesellschaft, in die sie eingebettet und in der sie entstanden sind. Somit ist es eine logische Konsequenz, dass Spiele gesellschaftliche Themen, historische und politische Kontexte und Diskurse implizit oder explizit reflektieren und sich diese dann in ihnen niederschlagen. Wie andere Medien auch transportieren Computerspiele Inhalte, Bedeutungen und Ideologien“ (Schwingeler, 2016).[3]
Dieser Beitrag ist Teil des Dossiers Politik & Zeitgeschehen. Eine Übersicht über alle Beiträge des Dossiers gibt es hier | Titelbild-Quelle: Kurosh ValaNejad & Peter Brinson / The Cat and the Coup (2011)
Computerspiele sind Zeitzeugen. Wie andere Mediengattungen auch, spiegeln sie stets die Zeit, in der sie entstehen. „Das Spiel ist mehr als bloß ein Spiel. Es ist ebenso wenig ohne den Einfluss der Gesellschaft zu verstehen, die spielt, wie ohne Einwirkung auf diese Gesellschaft“, schreibt Jeannette Neustadt im Vorwort des Ausstellungskatalogs Games and Politics (2016, S. 15).[2]
Längst zeigen verschiedene Spiele, „[…] dass das Medium nicht nur im Mainstream, sondern auch im System der Politik angekommen ist. […] Anders als die repräsentierenden Medien wie Malerei und Fotografie verstehen Computerspiele sich jedoch nicht nur als (Ab-)Bildfläche gesellschaftlicher Zu- und Missstände, sondern versuchen sich an einer Simulation der Prozesse und Regeln, die diese Missstände hervorbringen“ (Neustatt, 2016, S. 15).[2]
Die Ausstellung Games and Politics basiert auf der gemeinsamen Ausstellung Global Games des Goethe-Instituts in Kooperation mit dem Zentrum Kunst und Medientechnologie (ZKM) und zeigt politische Spiele – Spiele, die Machtgefüge hinterfragen, Spiele, die Perspektivwechsel ermöglichen, Spiele, die sich gesellschaftskritisch äußern.
Dabei erfolgte die Einteilung in sechs Kategorien (natürlich in dem Bewusstsein, dass deren Grenzen fließend verlaufen):
Meinungsbilder: Computerspiele als Kommentare realer politischer Ereignisse
- The Cat and the Coup (Peter Brinson & Kurosh ValaNejad, 2011)
- Madrid (Gonzalo Frasca, 2004)
- Yellow Umbrella (Awesapp, 2014)
Militärisches: Computerspiele als Reflexionen des Bündnisses von Krieg und Unterhaltungsindustrie
- Killbox (Biome Collective, 2016)
- Unmanned (Molleinindustria & No Media Kings, 2012)
- The War of Mine (11 Bit Studios, 2014)
Multiperspektivität: Computerspiele als Hinterfragungen stereotyper Geschlechterrollen
- Perfect Woman (Peter Lu & Lea Schönfelder, 2014)
- Dys4ia (Anna Anthropy, 2012)
- Coming Out Simulator (Nicky Case, 2014)
Medienkritik: Computerspiele als Instrumente der Selbstreflexion
- Phone Story (Molleinindustria, 2011)
- TouchTone (Mike Boxleiter & Greg Wohlwend, 2015)
- Orwell: Keeping an Eye On You (Osmotic Studios, 2016)
Migrationsgeschichten: Computerspiele als Grenzgänger
- Papers, Please (Lucas Pope, 2013)
- 1378(km) (Jens M. Stober, 2010)
- Escape from Woomera (The Escape From Woomera Collective, 2004)
Machtspiele: Computerspiele als Beobachter von Selbstwirksamkeit und Ohnmacht
- Sunset (Tale of Tales, 2015)
- Democracy 3 (C.P. Harris, 2013)
- The Westport Independent (Double Zero One Zero, 2016)
„Games & Politics […] konzentriert sich seit 2004 explizit auf politische Spiele. Jenes Jahr markiert für den Medienwissenschaftler Ian Bogost einen signifikanten Bruch. Denn mit der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl im Jahr 2004 beginnen digitale Spiele nach seiner Auffassung, sich explizit politisch und aktivistisch zu äußern. Anders als die repräsentierenden Medien wie Malerei und Fotografie verstehen Computerspiele sich jedoch für ihn nicht nur als (Ab-)Bildfläche gesellschaftlicher Zu- und Missstände, sondern versuchen sich an einer Simulation der Prozesse und Regeln, die diese Missstände hervorbringen.
Alle Spiele der Ausstellung eint dieser politische Ansatz, mit dem sich die Spieleentwickler*innen deutlich sowohl vom konventionellen Markt als auch vom Computerspiel als Unterhaltungsmedium abzugrenzen suchen.
Insgesamt umfasst die Ausstellung 18 Spiele. 16 Spiele können interaktiv gespielt oder auch nur in Form eines Videos betrachtet werden. Begleitet wird die Ausstellung von Diskussionen, Talks, Filmvorführungen und vieles mehr“ (Goethe-Institut, 2016).[1]
Ausstellung: Global Games
Die Ausstellung tourt seit ihrer Konzeption durch verschiedene Goethe-Institute weltweit. Sie war bereits in San Francisco, São Paulo und Nowosibirsk zu sehen. Aktuell macht sie Station in Madrid.
Autorin: Denise Gühnemann
Literatur
[1] Goethe-Institut (2016). Ausstellung Games & Politics. Zugriff am 03.12.2018. Verfügbar unter: https://www.goethe.de/ins/gr/de/ver.cfm?fuseaction=events.detail&event_id=21327237
[2] Neustadt, J. (2016). Vorwort. In Goethe-Institut (Hrsg.), Games and Politics (S. 14-27). München: Goethe-Institut. [Ausstellungskatalog]
[3] Schwingeler, S. (2016). Der Ernst der Spiele: Digitale Spiele als politische Bedeutungsträger. In Goethe-Institut (Hrsg.), Games and Politics (S. 14-27). München: Goethe-Institut. [Ausstellungskatalog]